Ho Chi Minh

Oder war das Saigon? War eine der beiden nicht die Hauptstadt Vietnams?

12.04.2018 – 17.04.2018

Für alle, die die Geschichte nicht interessiert, gibt es am Ende eines jeden (Weltreise-) Artikels Einschätzungen und Tipps zur Stadt in Bezug auf Unterkunft, Essen, Transport, etc.

Grenzkontrolle

Mit dem Bus reisten wir über Land in Vietnam ein. Für Kieron kein Problem, Deutsche dürfen bis zu 15 Tage visafrei bleiben. Kea und ich holten uns dagegen ein E-Visum. Alles schön und gut dachte ich mir, unser Busfahrer war aber ganz anderer Meinung. Auf dem Visum stand mein Nachname “Kölling” mit “oe” und nicht mit “ö”. Fatal! Das Einreisen konnte ich so vergessen. Glücklicherweise kannte unser Fahrer einige Leute an der Grenze. Während alle anderen essen waren fuhr ich mit ihm schon zur Kontrolle. Ich wurde um 60$ leichter und musste mich namentlich in ein großes gelbes Buch eintragen. Über Keas Reisepass wurde dann irgendwie meine Einreise geregelt. Drin war ich schon mal, jetzt musste ich in drei Wochen nur noch wieder rauskommen. Die Frage ist auch, ob ich tatsächlich nicht rein gekommen wäre oder ob ich den Busfahrer um ein Monatsgehalt reicher machte.

Als erste Station in Vietnam und letzte Station für Kieron blieben wir für einige Tage in Ho Chi Minh, der ehemaligen Landeshauptstadt. Der eigentliche Name der Stadt war Saigon, nach dem verlorenen Krieg Südvietnams gegen Nordvietnam wurde die Stadt jedoch nach dem Anführer Nordvietnams umbennant. Der Name Saigon ist trotzdem geläufiger als Ho Chi Minh. Vergleichbar mit dem Big Ben in London, den bis heute niemand Elizabeth Tower nennt.

Untergebracht waren wir die ersten Nächte direkt neben der Backpacker-Straße, Phạm Ngũ Lão. Bars, Restaurants und unglaublich laute Musik. Wer sucht findet einige nette Rooftop-Bars. Nichts was wir nicht kennen, bis auf einen jungen Asiaten der unbedingt etwas mit uns unternehmen wollte, jedoch wenig bis gar kein Englisch sprach. Zusätzlich wollte er, dass wir mit zu ihm kommen. Das war der Punkt wo wir im verständlich gemacht haben, dass wir leider noch andere Dinge zu tun haben. Es ist in Südostasien sehr geläufig, dass jugendliche Einheimische mit westlichen Touristen etwas unternehmen wollen um ihr Englisch zu verbessern. In unserem Fall war es leider ein wenig aufdringlich und gruselig.

Kaum angekommen und schon…

Kriegsmuseum – der amerikanische Albtraum

Eine Tour durch die Stadt durfte nicht fehlen. Wir entschieden uns das meiste zu Fuß zu laufen, den ersten größeren Teil wurden wir jedoch von zwei Rollerfahrern mitgenommen. Die stehen an jeder Ecke und versuchen einem Touren durch die Stadt zu verkaufen, lassen sich aber auch auf eine Strecke runterhandeln. Erste Station: Das Kriegsmuseum!

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Eine militärische Supermacht gegen einfache Guerilla Kämpfer im Dschungel. Von 1955 bis 1975 kämpften die USA mit Unterstützung mehrerer westlicher Länder auf der Seite Südvietnams. Der Gegner: das kommunistische Nordvietnam, unterstützt von der Sowjetunion und China. Stellvertretend für den kalten Krieg und als zweiter Indochinakrieg bekannt. Entgegen aller Erwartungen verloren die USA den Krieg. Was als kurzer Sieg geplant war wurde zur Katastrophe für die damalige Politik. Nachdem die Kämpfe auch auf Laos und Kambodscha übergriffen, mussten die USA nach der Tet-Offensive Nordvietnams am 30.01.1968  ihre Niederlage eingestehen. Johnson stellte die Bombardierungen ein, Nixon zog die Truppen ab und am 01.05.1975 siegte die Truppen des Nordens. Zurück blieb ein zerstörtes Land und fünf Millionen Tote. 425.000 Tonnen Sprengstoff und 80 Millionen Liter Dioxin wurden von den USA eingesetzt. Hinzu kommen zahllose Kriegsverbrechen. Wer mehr darüber erfahren möchte findet in dem Spiegel Online Archiv einige gute Artikel.

Im Museum ist dies wenig bis gar nicht umgesetzt. Stattdessen führt es einem auf drei Etagen lediglich die Kriegsverbrechen der Amerikaner vor Augen. Wenig Erklärungen zum Krieg, dafür tausende Bilder toter Vietnamesen. Mehrere Räume mit Bildern zu den Auswirkungen von Dioxin, auch Agent Orange genannt, das Giftgas, dass die USA im Krieg verwendete. Das Museum ist mehr Mahnmal und Erinnerung als Museum. Ein Lerneffekt bleibt aus. Es steht für den bitteren Verlust einer Supermacht und die zahllosen Verbrechen die sie über das eigene Land brachte.

Weiter ging es zu den beiden anderen “richtigen” Sehenswürdigkeiten, den Markt, den es in jeder Stadt gibt, nehme ich raus. Wie überall sonst auch in Südostasien waren die Franzosen selbstverständlich wieder vor Ort. Hinterlassen haben sie eine Kirche, eine kleinere Version der Notre Dam. War geschlossen. Das Postamt wollten wir zu einem späteren Zeitpunkt besuchen, was sollten wir sonst mit den vielen Tagen anfangen die uns zur Verfügung standen?

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Den Wiedervereinigungspalast schoben wir zwischendurch ein. Bis auf den Ausblick aber uninteressant. 

Cu Chi Tunnel

Einzige geplante Tagestour waren die Cu Chi Tunnel. Im Vietnamkrieg grub der Vietcong von 1960 bis 1975 insgesamt 200 Kilometer Tunnel durch den Dschungel. Dies sogar über drei Ebenen, ganze Städte bildeten sich unterirdisch. Schulen, Krankenhäuser, Büros und Schlafzimmer. Die Eingänge waren meist getarnte Klappen im Boden, aber auch über den Fluss konnte man in die Tunnel hineintauchen. Über versteckte Rohre in Bäumen und Erdhügeln wurde eine grundlegende Sauerstoffversorgung gewährleistet. Karten waren strengstens verboten, jeder musste einen eigenen Plan im Kopf haben und darauf hoffen sich nicht in den kilometerlangen Tunneln zu verlieren.

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Bis es richtig interessant wurde liefen wir erstmal lange durch den Dschungel. Neben einen Haufen bestialischer Fallen wurde uns ein wenig vom Leben in den Tunneln gezeigt. Die Menschen verließen zweimal wöchentlich den Untergrund um ein wenig frische Luft und Sonnenlicht ab zubekommen. Mitten im Wald und ohne eine Möglichkeit etwas an- oder abzubauen wurden alle Materialen genutzt um Werkzeuge herzustellen, sogar nicht explodierte Bomben wurden zerlegt. Zu essen gab es nur eine einzige Sache, eine Wurzel mit Zucker. Diese fand ich extrem lecker, geschmacklich mit einer Kartoffel zu vergleichen. Jahrzehnte lang würde ich sie aber auch nicht essen wollen.

Nach dem obligatorischen Schießplatz bei Kriegsschauplätzen in Südostasien, wo jeder für 12€ pro Kugel schießen konnte, ging es endlich zu dem einzigen betretbaren Tunnel. Anfangs noch aushaltbar wurde es mir gegen Ende viel zu eng dadrin. Gott sei Dank befindet sich alle 20 Meter ein Ausgang, nach 100 Metern ist der ganze Spaß komplett vorbei. Auf allen Vieren ging es nach einigen rumprobieren im Krabbengang am schnellsten durch die Tunnel. Am Ende waren wir alle komplett fertig und durchgeschwitzt, es ist wahnsinnig heiß in den Tunneln. Wenn wir uns vorstellen müssen zwanzig, dreißig oder auch vierzig Kilometer in so einem Tunnel zu sein, ohne weitere Ausgänge wird uns ganz flau im Magen.

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Motorbikes!

Endlich wagten wir uns auf die Hondas, wie die Roller in Vietnam genannt werden. Zuvor noch ein wenig skeptisch stellte sich das fahren als kinderleicht heraus. Nach einem geplanten Unterkunftswechsel waren wir ein wenig außerhalb, perfekt um auf den Highways ordentlich Gas zu geben. Ein großes Problem gab es jedoch: Den Verkehr. Nicht falsch verstehen, die Regeln sind alle sehr locker und im Grunde genommen gelten nur Ampeln. Jeder fährt wo er gerade Lust hat und alles klappt schon irgendwie. In diesem Chaos jedoch drei Leute zusammenzuhalten ist ein Albtraum. Direkt an der ersten Kreuzung bog ich links ab, Kea rechts und Kieron fuhr geradeaus weiter. Ohne mobile Daten auf dem Handy erfolgte die Kommunikation über SMS. 2005 hat angerufen und wollte uns auf 120 Zeichen pro Nachricht beschränken.

Das absolute Chaos. Rushhour ist täglich von sieben bis sieben, zwölf ganze Stunden!

Wir fuhren meistens nur wild umher und erkundeten die Stadt. Besuchten nochmal die Kirche und diesmal auch das Postamt, steht wie sich herausstellte direkt daneben. Gegen Abend ging Kieron dann mitten in der Stadt der Sprit aus! Man könnte uns echt für die absoluten Touristen halten, die das erste Mal Deutschland verlassen und alleine nicht klar kommen. Glücklicherweise bot ein Einheimischer an mit seinem Roller unseren liegen gebliebenen bis zur nächsten Tankstelle zu schieben.

Das Postamt

Ein kleines Highlight zum Abschluss war der Bitexco Financial Tower. Die herausstechende Plattform ist leider nicht zu besichtigen und wird nur als Hubschrauberlandeplatz genutzt. Für umgerechnet 7€ lässt sich jedoch die Stadt vom 49. Stockwerk betrachten. Angelehnt ist das ganze Gebäude an eine sich öffnende Lotosblüte. Mit ein wenig Fantasie lässt sich dies sehr wohl erkennen.

Erinnert stark an den Avengers Tower

Meinungen und Tipps

Unterkunft: Apartment

Um zum Abschluss etwas schönes für Kieron zu haben buchten wir uns in einem Apartment ein, mitten in einer quasi autonomen Hochhaussiedlung. Unten finden sich wahnsinnig viele Shops, darüber Stockwerk weise Eigentumswohnungen. Unsere Vermieterin war wahnsinnig nett und besorgte uns sogar die Roller.

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Transport: Roller

Das Transportmittel in Südostasien. Wer schnell und unabhängig Städte und Natur erkunden will wird nicht um einen Roller herumkommen. Bei Abholung gibt es meist einen leeren oder halb vollen Tank. Nach dem Auftanken und anschließenden abgeben wird einem die Tankfüllung nicht zurückerstattet. Genau planen und lieber dreimal halbvoll tanken als zweimal voll.

Sehenswürdigkeiten: Tunnels & Tower

In einer Großstadt kommt man selten um den obligatorischen Ausblick herum. Der Bitexco Financial Tower ist hierfür der Ort in Saigon. Marvel Fans werden den Turm auf jeden Fall wiedererkennen.

Wer wirklich etwas über den Krieg in Vietnam lernen möchte sollte das Kriegsmuseum links liegen lassen. An jeder Ecke lassen sich stattdessen Touren zu den Cu Chi Tunneln buchen. Statt Bus kann alternativ auch Boot gefahrene werden.

Essen: Fried Sushi

Endlich hatte ich die Gelegenheit frittiertes Sushi zu essen. Ein absoluter Traum! Bestimmt auch einfach nachzumachen.


Bitexco Financial Tower Image by: Tri Nguyen; this version by Prenn (Saigon out there 11) [CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons